Der Stegreif-Chor
Der Stegreif-Chor wurde 1996 von Thomas-Maria Reck ins Leben gerufen. Seit der Anfangszeit bildet er in immer wieder wechselnder Zusammensetzung ein Spiel- und Lernfeld des gemeinschaftlichen Singens aus dem Stegreif. Seit 2005 Fabio Jegher dazu gestossen ist, hat sich der Stegreif-Chor verdichtet zu einem Format, das über Landes- und Sprachgrenzen hinweg Menschen verschiedenster Altersgruppen und Kulturen zum gemeinschaftlichen Singen ohen Noten zusammenbringt. Er schöpft aus dem unendlichen Fundus des gegenwärtigen Augenblicks gemeinschaftliche Musik.
Der Stegreif-Chor umfasst alle möglichen Formen des spontanen Singens. Dazu gehört das Singen ohne Noten von Chanting, über Circlesongs bis zur offenen Chorimprovisation.
Er verbindet uralte Orale Chor-Traditionen indigener Völker mit neuen Traditionen der letzten Jahrzehnte. So spannt der Stegreif-Chor einen Bogen vom Naturjodel des Alpenraums über rituelle Chants bis zum Circlesong von Bobby McFerrin oder improvisierenden Formen, wie wir sie von Fritz Hegi, Lisa Sokolov oder WB3 kennen.
Dem Stegreif-Chor geht es dabei nicht in erster Linie um das musikalische Ergebnis. In der Hingabe zum immer wieder unendlich offenen Horizont des jeweiligen Augenblicks schöpft der Stegreif-Chor aus dem, was ist, mit den Mitteln, die gerade da sind. Der Stegreif-Chor lässt alle Beteiligten mit ihren unterschiedlichsten musikalischen und sozialen Biografien gleichermassen am kreativen Wirken der Musik Teil haben. Jeder hat Teil am Ganzen mit dem was er beitragen kann und möchte. So rückt der Stegreif-Chor den integrativen Aspekt der Oralen Chortradition in den Mittelpunkt.
Der Weg des Stegreif-Chors ist aber auch eine musikalische Initiation. Er kann die gesamte grundlegende Phänomenologie der Musik verinnerlichen. Vom Puls über den Rhythmus, Klangfarben, Modi, Intervalle, Skalen, Stufenharmonik, usw. bis hin zur Komposition vielstimmiger Gesänge geht der Stegreif-Chor den Weg einer Elementaren Musikpädagogik.
Das Medium des Stegreif-Chores ist die Stimme, ureigenstes Organ des Ausdrucks und der Kommunikation. Sie setzt die Beteiligten ganz unmittelbar den musikalischen Prozessen im kreativen Geschehen aus. Hier können sich der singende Laie und der ausgebildete Chorleiter, die Musikerin und die Prokuristin auf Augen- und Ohrenhöhe begegnen.
Die Werkzeuge des Stegreif-Chors sind der Humor und das Spiel. Sie ermutigen zur Bereitschaft sich an die Regeln der Musik zu halten oder sie zugunsten eines kreativen Moments zu brechen. Sie befördern den Wunsch, sich mit der Stimme auszudrücken, die eigenen Ängste und Grenzen wahrzunehmen und zu respektieren. Sie helfen zur Gelassenheit bei Fehlschlägen im „trial and error“ (Versuch und Irrtum). Sie wecken die Lust, dem musikalischen Ganzen zu dienen. Und sie schaffen eine Atmosphäre der Achtsamkeit unter allen Gliedern der Gruppe.
Der Stegreif-Chor vereint so das spielerische Element des Erfindens mit dem sozialen Element des Ausdrucks und des Dienstes im spontanen Chor. Das musikalische Lernen im Stegreif-Chor bietet eine immer im Werden begriffene Bühne für gemeinsames Wachsen in der Musik. Sei es an einem einmaligen Familienfest, an einer Kaderveranstaltung von Managern, sei es an einem Wochenend-Workshop, beim allmorgendlichen Ritual einer Schulklasse, sei es in der improvisierenden Chanting-Gruppe, beim Einsingen des gemischten Dorfchores oder sei es in der zweijährigen Weiterbildung zum Stegreif-Coach.
Ein Chor erfindet seine Musik - Die Freude und Herausforderung, aus dem Stegreif zu singen, Radiosendung aus der Reihe SWR2 Leben vom 20.7.2010 von Margrit Irgang >>> anhören
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